Recht
und
Nachhaltigkeit

Herzlich Willkommen

"Recht und Nachhaltigkeit e.V. – RuN" ist eine Initiative aus Studierenden, Promovierenden und jungen Wissenschaftler:innen, die sich den rechtlichen Fragestellungen auf diesem innovationsgeprägten Rechts- und Interessengebiet widmen.
Der Nachhaltigkeitsbegriff kennt viele Definitionen. Für uns beschreibt er das Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als künftig wieder bereitgestellt werden kann. Dieses Prinzip kann in vielen (Rechts-)Bereichen relevant werden. In unserem Verein beschäftigen wir uns in erster Linie mit der Nachhaltigkeit im ökologischen Bereich. Hiervon sind intergenerative und soziale Gerechtigkeitsaspekte jedoch in keinster Weise wegzudenken. Für uns ist Recht das notwendige Transformationsinstrument, um die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. Durch interne und öffentliche Diskussionsrunden, Vortragsreihen, Workshops, Studienfahrten und zahlreiche weitere Events wollen wir die Rechtswelt von morgen mitgestalten.

Let's RuN!

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von Camilla Seemann & Yvonne Lüftner 21. Juli 2024
Einleitung Der Internationale Seegerichtshof (International Tribunal of the Law of the Sea - ITLOS) in Hamburg hat durch ein wegweisendes Gutachten den globalen Klimaschutz bekräftigt und ein kraftvolles Signal für eine nachhaltige Zukunft gesendet! In der am 21. Mai 2024 verkündeten und veröffentlichten sog. advisory opinion stellte das Gericht fest, dass der vom Menschen verursachte Ausstoß von Treibhausgasen zur Erwärmung von Erde und Meeren beiträgt und somit eine Verschmutzung der Meeresumwelt gemäß dem UN-Seerechtsübereinkommen darstellt. Gestellt wurde der Antrag auf das Rechtsgutachten von der Commission of Small Island States on Climate Change and International Law (COSIS) am 12. Dezember 2022. Sie wurde 2021 mit dem Zweck gegründet, die existentielle Gefahr zu bekämpfen, die kleinen Inselstaaten im Lichte des Klimawandels naturgemäß anhaftet. Unterzeichnerstaaten des zugrundeliegenden Übereinkommens sind insb. die kleinen pazifischen Inseln. Im Folgenden wird zunächst das UN-Seerechtsübereinkommen mit besonderem Blick auf den Meeresschutz dargestellt. Sodann wird die Entscheidung des ITLOS im konkreten Fall näher dargestellt. Der Beitrag schließt mit einem kleinen Ausblick auf die Folgen des Gutachtens ab. Das UN-Seerechtsübereinkommen Das 1982 verabschiedete UN-Seerechtsübereinkommen (United Nations Convention of the Law of the Sea - UNCLOS) bildet den rechtlichen Rahmen für die Nutzung der Meere und Ozeane weltweit. Es wurde von mehr als 160 Staaten unterzeichnet, darunter von allen großen Industriestaaten und den fünf Anrainerstaaten der Arktis - mit Ausnahme der USA. [1] Das Abkommen definiert Seegrenzen, Küsten- und Schifffahrtsrechte, Zuständigkeiten im Bereich der Meeresforschung, des Technologietransfers, des Tiefseebergbaus sowie der Streitbeilegung. Es fördert die nachhaltige Nutzung der Meere, den Schutz der Meeresumwelt sowie die internationale Zusammenarbeit in maritimen Angelegenheiten. Zudem gewährleistet es eine sichere und freie Schifffahrt weltweit. [2] Insbesondere im Kontext des Klima- und Umweltschutzes kommt dem Übereinkommen eine wesentliche Bedeutung zu. Das Übereinkommen verpflichtet die Vertragsstaaten unter anderem dazu, die Meeresumwelt zu schützen und zu erhalten. Dies umfasst Maßnahmen zur Verhinderung, Verringerung und Kontrolle der Verschmutzung der Meere durch Aktivitäten wie Schifffahrt, Öl- und Gasförderung sowie Landentsorgung. [3] Des Weiteren wird im Übereinkommen die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen auf die Ozeane betont, wobei insbesondere der Anstieg des Meeresspiegels und die Übersäuerung der Meere zu nennen sind. Durch diese Bestimmungen leistet das UNCLOS einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Nutzung und Bewahrung der marinen Ökosysteme. Inhalt der Entscheidung Die Frage an deren Beantwortung das ITLOS für eine Dauer von fast eineinhalb Jahren arbeitete lautet: “Was sind die besonderen Verpflichtungen der Vertragsstaaten des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (United Nations Convention of the Law of the Sea, UNCLOS), unter anderem nach Teil XII: (a) Die Verschmutzung der Meere zu verhindern, zu verringern und zu kontrollieren vor dem Hintergrund der schädlichen Auswirkungen, die sich aus dem Klimawandel ergeben oder wahrscheinlich ergeben werden, unter anderem durch die Erwärmung der Ozeane, den Anstieg des Meeresspiegels, und die Übersäuerung der Meere, die durch anthropogene Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre verursacht werden? (b) Die Meere zu schützen und erhalten in Bezug auf Auswirkungen des Klimawandels, unter anderem Erwärmung der Ozeane, Anstieg des Meeresspiegels, und die Übersäuerung der Meere?” Das Tribunal trifft in seinem 153 Seiten langen Gutachten, bevor es sich der Beantwortung der von COSIS gestellten Rechtsfrage annimmt, Aussagen über den Hergang des Verfahrens, den naturwissenschaftlichen Hintergrund des Klimawandels sowie internationale Instrumente zur Bekämpfung des Klimawandels, die Gerichtsbarkeit, das anwendbare Recht und den Umfang der von COSIS gestellten Rechtsfrage. Bemerkenswert ist dabei, dass es auf wichtige Erkenntnisse des International Governmental Panel on Climate Change (IPCC) eingeht und ihnen damit Gewicht verleiht. [4] Es hebt hervor, dass die Meere eine der größten Kohlenstoffsenken darstellen, indem sie ca. ein Viertel des von menschlichen Aktivitäten verursachten CO 2 aufnehmen. [5] Zwar verlangsamen sie dadurch den Klimawandel („such carbon storage represents a major control on atmospheric carbon dioxide“), da sie das CO 2 aus der Atmosphäre ziehen. [6] Allerdings führt dies auch zu einer zunehmenden Zerstörung der Meere, etwa das Ansteigen des Meeresspiegels, die Erwärmung der Meere, marine Hitzewellen, Sauerstoffmangel der Ozeane und ihre Übersäuerung. Die wichtige Vorfrage, ob anthropogene Treibhausgasemissionen denn überhaupt unter den Begriff der Verschmutzung der Meere („ocean pollution“) i.S.d. Art. 1 Abs. 1 UAbs. 4 UNCLOS gefasst werden können (und damit der Anwendungsbereich der Artikel des zwölften Abschnitts des UNCLOS eröffnet ist) bejaht das Tribunal ausdrücklich. Es arbeitet heraus, dass dafür drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen: (1) es muss sich um einen Stoff oder Energie handeln, (2) dieser Stoff oder Energie muss infolge direkter oder indirekter menschlicher Einwirkung in die marine Umwelt gelangt sein und (3) er muss (zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit („likely“)) schädliche Auswirkungen haben. Die „streitgegenständlichen“ anthropogenen Treibhausgasemissionen erfüllen alle diese Voraussetzungen. Hinsichtlich der Frage (a), welche Pflichten sich in Bezug auf die Verhinderung der Meeresverschmutzung aus dem UNCLOS ergeben, ist das Tribunal der Meinung, dass Artikel 194 Abs. 1 UNCLOS die Unterzeichnerstaaten spezifisch dazu verpflichte, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die auf anthropogene Treibhausgasemissionen zurückzuführende Meeresverschmutzung zu verhindern, verringern und kontrollieren. [7] Es handele sich dabei um eine Sorgfaltspflicht, die von den Staaten verlangt, ein nationales System zur Regulierung umweltbelastender Tätigkeiten einzurichten und die Wirksamkeit dieses Systems zu überwachen. [8] Angesichts des hohen drohenden Risikos einer schwerwiegenden und irreversiblen Schädigung der Meeresumwelt durch anthropogene Treibhausgasemissionen sei dabei ein strenger Sorgfaltsmaßstab anzulegen, wobei jedoch das Prinzip der gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortlichkeiten entsprechend der United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) anzulegen ist. [9] Hinsichtlich der Frage (b), welche Pflichten bestehen, die Meere zu schützen und erhalten, stelle Artikel 192 UNCLOS eine allgemeine Verpflichtung zum Schutze und zur Erhaltung der Meere auf, was die Wiederherstellung von Meereslebensräumen und -ökosystemen einschließt. [10] Sichergestellt werden muss auch, dass nichtstaatliche Akteure, die der Hoheitsgewalt oder Kontrolle der Unterzeichnerstaaten unterstehen, diese Maßnahmen einhalten. [11] Bedeutung für die Zukunft Zwar ist diese advisory opinion anders als ein Urteil nicht rechtlich bindend. Dennoch leistet sie einen Beitrag zur Auslegung des Rechts. Ferner tragen diese Entscheidungen ein gewisses Gewicht an moralischer Autorität. Vor dem Hintergrund, dass vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) gerade ein vergleichbarer Antrag für den Erlass einer advisory opinion anhängig ist, ist besonders wichtig, dass vorliegende gezeigt hat, wie eine klare Argumentationslinie entwickelt werden kann. [12] [1] Umweltbundesamt, Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, Artikel vom 22.12.2014, abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/themen/nachhaltigkeit-strategien-internationales/arktis/rechtlicher-institutioneller-rahmen-der-arktis/das-seerechtsuebereinkommen-der-vereinten-nationen#seerechtsubereinkommen-sru , zuletzt aufgerufen am 19.07.2024. [2] Abkommen über die Anwendung von Teil XI des Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 10. Dezember 1982. [3] United Nations Convention on the Law of the Sea. [4] S. 26 ff. der advisory opinion, abrufbar unter https://www.itlos.org/fileadmin/itlos/documents/cases/31/Advisory_Opinion/C31_Adv_Op_21.05.2024_orig.pdf . [5] S. 30 Rn. 55 der advisory opinion. [6] S. 29 Rn. 55 der adsivory opinion. [7] S. 147, 148 Rn. 441 der advisory opinion. [8] S. 148 Rn. 441 der advisory opinion. [9] S. 79 Rn. 218 der advisory opinion. [10] S. 151 Rn. 441 der advisory opinion. [11] S. 89 Rn. 247 der advisory opinion. [12] Rocha, A Small But Important Step – A Bird’s-Eye View of the ITLOS Advisory Opinion on Climate Change and International Law, Artikel vom 27. May 2024, abrufbar unter https://verfassungsblog.de/a-small-but-important-step/ , zuletzt abgerufen am 19.07.2024.
Bild_Vortrag_Verantwortungseigentum
von Yvonne Lüftner 13. Juni 2024
Am 13.05.2024 fand die Veranstaltung zum Thema „Verantwortungseigentum - Rechtsinstitut der Zukunft?“ mit der Leiterin der Unternehmensfinanzierung der Stiftung Verantwortungseigentum Elisabeth Pichler statt. Die Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, Unternehmen im Verantwortungseigentum zu vernetzen und Forschung zum Thema zu betreiben. Sie wurde von mehreren Unternehmen gegründet und getragen. Zunächst zeigte die Referentin die Struktur eines solchen Unternehmens im Vergleich zu einer klassischen GmbH auf. Verantwortungseigentum basiert auf den Prinzipien der Langfristigkeit und Unabhängigkeit von Unternehmen. Diese Rechtsform sieht vor, dass Gewinne reinvestiert oder für gemeinnützige Zwecke verwendet werden, anstatt an die Anteilseigner ausgeschüttet zu werden. Außerdem werden Stimmrechte und Eigentum getrennt, um sicherzustellen, dass die Unternehmensziele nicht durch kurzfristige Gewinnmaximierung gefährdet werden. Auch einige Beispiele aus der Praxis wurden vorgestellt. Unternehmen wie Zeiss, Bosch oder die Suchmaschine Ecosia sind bereits im Verantwortungseigentum. Der Vortrag beleuchtete die Vorteile und Chancen dieser neuen Rechtsform, die eine langfristige Orientierung und nachhaltige Unternehmensführung fördern soll. Die Chancen und Vorteile einer solchen Rechtsform seien vielfältig, so die Referentin. Durch die Trennung von Stimmrechten und Eigentum wird die Gefahr von Übernahmen und kurzfristigem Gewinnstreben minimiert, was zu mehr Stabilität und Unabhängigkeit führt. Unternehmen können sich stärker auf nachhaltige Innovationen und langfristige Investitionen konzentrieren. Der Vortrag endete mit einer gemeinsamen Erarbeitung und Diskussion, inwieweit eine solche neue Rechtsform Einfluss auf die Nachhaltigkeitsziele von Unternehmen hat. Dabei wurde zwischen ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit unterschieden. Verantwortungseigentum bietet die Möglichkeit, Unternehmensgewinne beispielsweise für Investitionen in den Klimaschutz zu verwenden. Darüber hinaus kann es die soziale Nachhaltigkeit stärken, indem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv in die Entscheidungsprozesse im Unternehmen eingebunden werden. Insgesamt bietet die neue Rechtsform eine vielversprechende Möglichkeit, Unternehmen nachhaltiger und sozial verantwortlicher zu gestalten. Sie fördert eine langfristige Perspektive, stabile Unternehmensstrukturen und kann einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele leisten. Die Referentin betonte, dass diese Struktur sowohl ökonomisch sinnvoll als auch gesellschaftlich wünschenswert sei, um zukunftsfähige und resiliente Unternehmen zu schaffen. Die Trennung von Kapital, insbesondere von Gewinnen und Stimmrechten, im Hinblick auf ökologische Nachhaltigkeit kann durch Innovationen und Investitionen der Unternehmen gefördert werden, letztlich bleibt es aber den Entscheidungen der Unternehmen und nicht der Rechtsform überlassen, inwieweit sie nachhaltig agieren wollen. Wir bedanken uns herzlich bei Elisabeth Pichler für den spannenden und aufschlussreichen Vortrag!
von Hannes Radinger 23. Mai 2024
Der Jubel war groß nach der lang erwarteten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Verfahren Verein KlimaSeniorinnen Schweiz and Others v. Switzerland.
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