Und dann war es auch schon wieder so weit! Am 31. Mai durften wir uns bereits über den zweiten Vortrag im Sommersemester 2022 freuen. Unter dem Titel „Gesellschaftsrecht und Klimawandel – zur Verantwortung der Unternehmen“ referierte Herr Prof. Dr. Habersack, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Unternehmensrecht an der LMU München, über die Möglichkeiten des Gesellschaftsrechts als Instrument des Klimaschutzes.
Doch bevor Prof. Habersack das Wort ergriff, war erst einmal das Publikum gefragt. Mit einer kleinen Umfrage testeten die beiden Moderatorinnen Malena und Lea schon einmal das Vorwissen im Hinblick auf die Inhalte des bevorstehenden Vortrags. Und sie wurden dabei nicht enttäuscht! Auf die Frage, wie Unternehmen rechtlich verpflichtet werden könnten, nachhaltig zu denken, fielen bereits Fachbegriffe wie „Environmental Social Governance“, „compliance“ oder „Lieferkettensorgfaltspflichten“. Auch der Begriff „CSR“ war vielen bereits bekannt und wurde richtigerweise als Abkürzung für „corporate social responsibility“ identifiziert.
Nach diesem vielversprechenden Einstieg übernahm schließlich Prof. Habersack. Dieser betonte gleich zu Beginn, dass die Instrumentalisierung des Gesellschaftsrechts für politische Zwecke keineswegs ein Mittel nur der Klimabewegung sei, sondern weit zurückreiche und in der Vergangenheit bereits zu strukturellen Umbrüchen innerhalb von Unternehmen geführt habe. So seien etwa die Stärkung von unternehmerischer Mitbestimmung und die Förderung von diversity bereits mit ähnlichen Mitteln angetrieben worden. In den letzten Jahren sei aber die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsbelangen durch die sog. Environmental Social Governance – Bewegung zu einem elementaren Teil allgemeiner Unternehmenspolitik avanciert.
Mit diesen Worten wendete sich Prof. Habersack dann auch schon den Instrumenten zu, die das Gesellschaftsrecht bereits jetzt zugunsten des Klimaschutzes bereithalte. Da seien zunächst die in verschiedenen Vorschriften des HGB kodifizierten Berichtspflichten zu nennen. Große Kapitalgesellschaften sind zur Erstellung eines Lageberichts verpflichtet, der insbesondere auch ein Nachhaltigkeitskonzept beinhalten soll. Wird kein Konzept verfolgt, hat die Gesellschaft dies zu begründen. Auf diese Weise – so Prof. Habersack – werde an das Reputationsinteresse der Gesellschaften appelliert und somit „sanfter“ Druck ausgeübt, der letztlich für mehr Sensibilität im Hinblick auf Nachhaltigkeitsbelange führen soll. Darüber hinaus sei auch die Vergütung insbesondere der Vorstandsmitglieder ein wirksames Mittel. Diese sei bei börsennotierten Gesellschaften nämlich auf eine „nachhaltige und langfristige“ Entwicklung der Gesellschaft auszurichten und müsse auch nichtfinanzielle Leistungskriterien umfassen. Hierbei spiele auch das „say on pay“ der Hauptversammlung betreffend des vom Aufsichtsrat vorgelegten Vergütungssystems für die Vorstandsmitglieder eine bedeutende Rolle, denn dieses gebe der Hauptversammlung die Möglichkeit, Vergütungskonzepte ohne Nachhaltigkeitsüberlegungen durchfallen zu lassen. Des Weiteren sei auch die (in Deutschland strikt geltende) Legalitätspflicht des Vorstands, d.h. die Pflicht der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft, rechtmäßiges Verhalten der Gesellschaft im Außenverhältnis und damit auch die Einhaltung von Umwelt- und Klimagesetzen sicherzustellen, dem Klimaschutz förderlich. Zuletzt spiele auch das weitreichende Leitungsermessen des Vorstands eine bedeutende Rolle, da es dem Vorstand die Möglichkeit eröffne, jenseits gesetzlicher Vorgaben öffentliche Interessen zu verfolgen und somit auch jenseits von Mindestvorgaben Nachhaltigkeitserwägungen zu berücksichtigen.
Am Ende seines Vortrags kam Prof. Habersack dann auch auf zukünftige Möglichkeiten des Gesellschaftsrechts als Instrument des Klimaschutzes zu sprechen. Bedeutend sei in diesem Zusammenhang insbesondere die (auch nachhaltigkeitsbezogene) Reform des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK). Der DCGK stellt wesentliche gesetzliche Vorschriften zur Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften dar und enthält in Form von Empfehlungen und Anregungen international und national anerkannte Standards. Außerdem gebe es einen vielversprechenden Kommissionsvorschlag einer Richtlinie zu nachhaltigkeitsbezogenen Pflichten, die sogar auf die Sicherstellung des Paris-Abkommens abzielt. Und zu guter Letzt sei (angelehnt an das „say on pay“) ein „say on climate“ im Gespräch, das der Hauptversammlung ein Mitspracherecht bei der Bewertung der Klimapolitik der Gesellschaft geben und so einen permanenten Dialog über Umweltfragen gewährleisten soll.
Mit diesem vielversprechenden Ausblick beendete Prof. Habersack seinen Vortrag und nach einer kurzen Fragerunde ging es – wie üblich – zum abschließenden Austausch bei Snacks und Getränken ins StuCafé.
Wir danken Herrn Prof. Habersack für den interessanten und lehrreichen Vortrag!
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Freund Rüll & Partner
Graf von Westphalen