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Wissensblog "Wendekurs und Kompetenzfragen - Der Windkraftenergieanlagenbeschluss des BVerfG vom 23.3.2022"

Malena Anthofer • 1. November 2022

Wissensblog "Wendekurs und Kompetenzfragen -
Der Windkraftenergieanlagenbeschluss des BVerfG vom 23.3.2022
von Malena Anthofer

„Bitte wenden! Und zwar sofort!“, so lautet das derzeitige Motto in der Energiepolitik. Doch wie kann eine Energie-„Wende“ nachhaltig erfolgen, ohne Gefahr zu laufen, dass das politische und gesellschaftliche Navigationssystem die Route sofort wieder ändert und auf der Autobahn in die Abhängigkeit von russischem Gas und fossiler Energieträger weiterrast?


Ein Beispiel für eine meines Erachtens gelungene Ausgestaltung einer solchen „Wende“ liefert das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Das Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz (BüGembeteilG M-V) [1] räumt (verkürzt dargestellt) Bürger*innen und Gemeinden eine Beteiligungsoption an Windkraftenergieanlagen-Projektgesellschaften ein. Wollen die Windkraftenergieanlagenbetreiber eine ökonomische Partizipation am Unternehmen durch Anlieger*innen der Anlage vermeiden, so wird den Unternehmen als Alternative die Zahlung einer Abgabe auferlegt, die wiederum in die regionale Energiepolitik reinvestiert wird. Das Bundesverfassungsgericht stellt klar, dass diese innovative Mischung formal getrennter Rechtsinstrumentarien einen verfassungskonformen Schritt zur Bewältigung der Transformationsherausforderungen unserer Zeit darstellt.


Doch kann dieser Instrumentenmix funktionieren? Oder stehen dem die Kompetenzregelungen der Art. 70 ff. GG entgegen? Grundsätzlich ist es zulässig, dass der Landes- oder Bundesgesetzgeber Gesetze schafft, die eine Kombination mehrerer Kompetenztitel („Mosaikkompetenz“) enthalten, sofern die Regelungen jeweils denselben Kompetenzträger berechtigen und die Voraussetzungen ihrer Inanspruchnahme gewahrt sind. [2] Es ist dabei eine möglichst eindeutige vertikale Gewaltenteilung zu gewährleisten. Für Zweckmäßigkeitserwägungen ist ebenso wenig Raum wie für am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder dem Subsidiaritätsprinzip orientierte Abwägungen. [3]


Betrachtet man das BüGembeteilG M-V, so wird schnell klar, dass hier Mosaiksteinchen aus dem Recht der Wirtschaft, insbesondere dem Gesellschaftsrecht [4] und dem Recht der Energiewirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) sowie dem Recht der Luftreinhaltung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG) als Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenzen (Art. 72 Abs. 1, 2 GG) im Raum stehen. Daneben prüft das BVerfG, ob auch die Raumordnung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG), das Bodenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) [5] oder die Finanzverfassung betroffen sein könnten. [6] Problematisch wird das Mosaikkonzept insbesondere dann, wenn die Gesetzgebungskompetenz für die Regelung ausschließlich dem Bund zugewiesen ist oder der Bund von seiner konkurrierende Gesetzgebungskompetenz abschließend Gebrauch gemacht hat und den Ländern nicht ausnahmsweise eine abweichende Regelungskompetenz auf den in Art. 72 Abs. 3 GG normierten Gebieten zugewiesen wird. Gerade auf dem Feld der Finanzverfassung Art. 105 ff. GG, welches den Art. 70 ff. GG vorgeht, kann dies schnell passieren. Wie entwirrt also das BVerfG das Kompetenzgeflecht?


Ohne im Detail auf die zwanzigseitige Argumentation des BVerfG zu den unterschiedlichen Kompetenztiteln und der letztlichen Entscheidung für das Energiewirtschaftsrecht als Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz einzugehen, soll hier die zugrundeliegende „Entwirrungs-“Methode beleuchtet werden.


Der Gesetzeswortlaut selbst hüllt sich hierzu in Schweigen. Aus der ständigen Rechtsprechung des BVerfG ergibt sich aber der Grundsatz der Maßgeblichkeit des „Gegenstands des jeweiligen Gesetzes“. [7] Das vom Gesetzgeber in den Blick genommene Gemeinwohlziel – hier der Ausbau erneuerbarer Energien und die Steigerung der Akzeptanz entsprechender Anlagen unter Bürger*innen – darf nach der bisherigen Rechtsprechung nicht als Methode zur Abgrenzung von Kompetenztiteln herangezogen werden.  [8] Vielmehr sind im Zweifel, insbesondere, wenn eine Regelung den Kompetenzbereich von Bund und Ländern berührt, Schwerpunkte zu bilden. [9]

Ein Mix aus Gründungs- und Beteiligungspflichten im Gesellschaftsrecht sowie möglicherweise dem Steuerrecht unterliegende Abgabeverpflichtungen, ist schwerlich unter einen Schwerpunktkompetenztitel zu packen. Insbesondere die Alternativität der Maßnahmen und die vielen hinter den Maßnahmen stehenden Erwägungen[10] erhöhen den Argumentationsaufwand des BVerfG und machen die Schwerpunktbildung zur Farce, da sie objektiv einfach nicht möglich ist.


Gerade auf dem Gebiet des Nachhaltigkeits- und Klimarechts erfordern international einzuhaltende Ziele, wie die SDGs (Sustainabilty Development Goals der UN) und CO2-Budgets fußend auf völkerrechtlichen Verpflichtungen aus „Hard" und „Soft Law“, für ihre effektive Umsetzung einen Mix aus verschiedenen Teilregelungen. Die Ausgestaltung effizienter Maßnahmen sollte nicht durch die Kompetenzdogmatik be- oder gar verhindert werden. Dies entspricht auch den Ausführungen des BVerfG, welches in seinem Beschluss vom 18.1.2022 [11] für den Regelungsgegenstand der Emissionsreduktionen die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen des Bundes und der Länder zur Erreichung der Klimaschutzziele anerkennt und eine stärkere bundesrechtliche Koordination vorschlägt.

Eine solche Koordination mittels – verfassungsrechtlich zulässiger – Mustergesetze [12] und bundesrechtlicher Öffnungsklauseln würde jedoch den Kompetenzkonflikt nicht lösen, da diese Mechanismen keinen Beitrag zur Bildung objektiver Schwerpunkte leisten. [13] Um koordinierte Regelungen zu erlassen, erwägt das BVerfG deshalb, dass eine vertikale Koordination von CO2-Reduktionsvorgaben im Bund-Länder-Verhältnis angesichts des sektoralen Steuerungsansatzes des Klimaschutzgesetzes hinter der horizontalen Koordination über die einzelnen Emissionssektoren zurücktreten und sich sogar erübrigen könnte.[14] Das heißt: Wollen wir für die Sektoren Energie, Industrie, Gebäude, Verkehr, etc pp. Gesetze erlassen, muss die Verteilung der Regelungskompetenzen nach den strengen Vorgaben der Art. 72 ff. GG auf Bund und Länder insoweit zurücktreten, dass ein Werkzeugkasten aus nachhaltigen Regelungsinstrumenten auf Bundesebene erstellt werden kann.


Dass das BVerfG in seinen Ausführungen die Abschaffung der vertikalen Gewaltenteilung proklamiert, ist nach meiner Einschätzung sicherlich nicht intendiert. Die Idee der Auflockerung der strengen Kompetenzdogmatik ist dagegen meines Erachtens trotz alledem bereits im Beschluss vom 18.1.2022 erkennbar und manifestiert sich dann deutlich im Windkraftenergieanlagen-Beschluss.

Dort führt das BVerfG neben dem objektiven Regelungsgegenstand, der „in erster Linie“ im Rahmen der Kompetenzzuweisung maßgeblich sei, auch den Normzweck, die Wirkung, den Adressaten und die Verfassungstradition als weitere Zuordnungsmaßstäbe an. Insbesondere die Wirkungen – also die Rechtsfolgen der Regelung – und der nach dem objektivierten Willen des Gesetzgebers zu bestimmende Normzweck, werden als maßgeblich für die Kompetenzzuweisung definiert.[15] Im Beschluss wird als Normzweck des BüGembeteilG M-V der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Steigerung der Akzeptanz dieses Ausbaus herangezogen.

Bei mehreren Teilregelung ist also neben dem Schwerpunkt auch der Zweck der jeweiligen Regelung zur Entwirrung des Instrumentenmixes und der Zuordnung zu einem Kompetenztitel bedeutsam. Dies kommt durch die Formulierung zum Ausdruck, dass das Gesetz, wenn es „nach seinem objektiven Regelungsgehalt auf mehrere gleichrangige Zwecke ausgerichtet [ist], [...] mehreren Kompetenztiteln zuzuordnen sein [kann]“. Verknüpft man die Erkenntnisse aus beiden Beschlüssen, so müsste dies bedeuten, dass im Umkehrschluss bei Vorliegen eines „höherrangigen Zwecks“, wie der Bekämpfung des Klimawandels oder der Bewältigung der Energiewende bei der Kompetenzzuweisung zweckorientierte Abstriche zu machen sein können.

Das Navigationssystem wird neu programmiert. Die Wende wird eingeleitet – auf allen Ebenen.


[1] v. 18.5.2016, GVOBl. M-V 2016, 258.
[2] Seiler in: BeckOK GG, 52. Ed. 15.8.2022, Art. 70 Rn. 14.
[3] BVerfG v. 23.3.2022 – 1 BvR 1187/17, NVwZ 2022, 861 (863), Rn. 55.
[4] Das Gesellschaftsrecht wird dann relevant und die Gesetzgebungskompetenz muss auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG gestützt werden, wenn kein in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG genannter Teilbereich tatbestandlich verwirklicht wird.
[5] Für das Regelungsgebiet besteht eine Abweichungskompetenz zugunsten der Länder nach Art. 72 Abs. 3 GG.
[6] BVerfG v. 23.3.2022 – 1 BvR 1187/17, NVwZ 2022, 861 (865 f.)Rn. 69, 71, 72.
[7] BVerfG v. 30.10.1961 – 1 BvR 833/59, BVerfGE 13, 181, 196 f. (Schankerlaubnissteuer); BVerfG v. 8.6. 1988 – 2 BvL 9/85, BVerfGE 78, 249, 266 (Fehlbelegungsabgabe), BVerfG v. 30.6.2008 – 1 BvR 3262/07, BVerfGE 121, 317, 348 (Rauchverbot in Gaststätten).
[8] BVerfG v. 30.6.2008 – 1 BvR 3262/07, BVerfGE 121, 317 (348), zum Rauchverbot in Gaststätten.
[9] Seiler in: BeckOK GG, 52. Ed. 15.8.2022, Art. 70 Rn. 14.
[10] Beispielsweise auf dem Gebiet der Raumordnung oder des Bodenrechts; siehe hierzu BVerfG v. 23.3.2022 – 1 BvR 1187/17, NVwZ 2022, 861 (865 f.).
[11] BVerfG v. 18.1.2022 – 1 BvR 1565/21, KlimR 2022, 97.
[12] Broeme in: von Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 70 Rn. 16.
[13] Seiler in: BeckOK GG, 52. Ed. 15.8.2022, Art. 70 Rn. 14 m.w.N.
[14] BVerfG v. 18.1.2022 – 1 BvR 1565/21, KlimR 2022, 97 (99).
[15] BVerfG v. 23.3.2022 – 1 BvR 1187/17, NVwZ 2022, 861.
von Camilla Seemann & Yvonne Lüftner 21. Juli 2024
Einleitung Der Internationale Seegerichtshof (International Tribunal of the Law of the Sea - ITLOS) in Hamburg hat durch ein wegweisendes Gutachten den globalen Klimaschutz bekräftigt und ein kraftvolles Signal für eine nachhaltige Zukunft gesendet! In der am 21. Mai 2024 verkündeten und veröffentlichten sog. advisory opinion stellte das Gericht fest, dass der vom Menschen verursachte Ausstoß von Treibhausgasen zur Erwärmung von Erde und Meeren beiträgt und somit eine Verschmutzung der Meeresumwelt gemäß dem UN-Seerechtsübereinkommen darstellt. Gestellt wurde der Antrag auf das Rechtsgutachten von der Commission of Small Island States on Climate Change and International Law (COSIS) am 12. Dezember 2022. Sie wurde 2021 mit dem Zweck gegründet, die existentielle Gefahr zu bekämpfen, die kleinen Inselstaaten im Lichte des Klimawandels naturgemäß anhaftet. Unterzeichnerstaaten des zugrundeliegenden Übereinkommens sind insb. die kleinen pazifischen Inseln. Im Folgenden wird zunächst das UN-Seerechtsübereinkommen mit besonderem Blick auf den Meeresschutz dargestellt. Sodann wird die Entscheidung des ITLOS im konkreten Fall näher dargestellt. Der Beitrag schließt mit einem kleinen Ausblick auf die Folgen des Gutachtens ab. Das UN-Seerechtsübereinkommen Das 1982 verabschiedete UN-Seerechtsübereinkommen (United Nations Convention of the Law of the Sea - UNCLOS) bildet den rechtlichen Rahmen für die Nutzung der Meere und Ozeane weltweit. Es wurde von mehr als 160 Staaten unterzeichnet, darunter von allen großen Industriestaaten und den fünf Anrainerstaaten der Arktis - mit Ausnahme der USA. [1] Das Abkommen definiert Seegrenzen, Küsten- und Schifffahrtsrechte, Zuständigkeiten im Bereich der Meeresforschung, des Technologietransfers, des Tiefseebergbaus sowie der Streitbeilegung. Es fördert die nachhaltige Nutzung der Meere, den Schutz der Meeresumwelt sowie die internationale Zusammenarbeit in maritimen Angelegenheiten. Zudem gewährleistet es eine sichere und freie Schifffahrt weltweit. [2] Insbesondere im Kontext des Klima- und Umweltschutzes kommt dem Übereinkommen eine wesentliche Bedeutung zu. Das Übereinkommen verpflichtet die Vertragsstaaten unter anderem dazu, die Meeresumwelt zu schützen und zu erhalten. Dies umfasst Maßnahmen zur Verhinderung, Verringerung und Kontrolle der Verschmutzung der Meere durch Aktivitäten wie Schifffahrt, Öl- und Gasförderung sowie Landentsorgung. [3] Des Weiteren wird im Übereinkommen die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen auf die Ozeane betont, wobei insbesondere der Anstieg des Meeresspiegels und die Übersäuerung der Meere zu nennen sind. Durch diese Bestimmungen leistet das UNCLOS einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Nutzung und Bewahrung der marinen Ökosysteme. Inhalt der Entscheidung Die Frage an deren Beantwortung das ITLOS für eine Dauer von fast eineinhalb Jahren arbeitete lautet: “Was sind die besonderen Verpflichtungen der Vertragsstaaten des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (United Nations Convention of the Law of the Sea, UNCLOS), unter anderem nach Teil XII: (a) Die Verschmutzung der Meere zu verhindern, zu verringern und zu kontrollieren vor dem Hintergrund der schädlichen Auswirkungen, die sich aus dem Klimawandel ergeben oder wahrscheinlich ergeben werden, unter anderem durch die Erwärmung der Ozeane, den Anstieg des Meeresspiegels, und die Übersäuerung der Meere, die durch anthropogene Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre verursacht werden? (b) Die Meere zu schützen und erhalten in Bezug auf Auswirkungen des Klimawandels, unter anderem Erwärmung der Ozeane, Anstieg des Meeresspiegels, und die Übersäuerung der Meere?” Das Tribunal trifft in seinem 153 Seiten langen Gutachten, bevor es sich der Beantwortung der von COSIS gestellten Rechtsfrage annimmt, Aussagen über den Hergang des Verfahrens, den naturwissenschaftlichen Hintergrund des Klimawandels sowie internationale Instrumente zur Bekämpfung des Klimawandels, die Gerichtsbarkeit, das anwendbare Recht und den Umfang der von COSIS gestellten Rechtsfrage. Bemerkenswert ist dabei, dass es auf wichtige Erkenntnisse des International Governmental Panel on Climate Change (IPCC) eingeht und ihnen damit Gewicht verleiht. [4] Es hebt hervor, dass die Meere eine der größten Kohlenstoffsenken darstellen, indem sie ca. ein Viertel des von menschlichen Aktivitäten verursachten CO 2 aufnehmen. [5] Zwar verlangsamen sie dadurch den Klimawandel („such carbon storage represents a major control on atmospheric carbon dioxide“), da sie das CO 2 aus der Atmosphäre ziehen. [6] Allerdings führt dies auch zu einer zunehmenden Zerstörung der Meere, etwa das Ansteigen des Meeresspiegels, die Erwärmung der Meere, marine Hitzewellen, Sauerstoffmangel der Ozeane und ihre Übersäuerung. Die wichtige Vorfrage, ob anthropogene Treibhausgasemissionen denn überhaupt unter den Begriff der Verschmutzung der Meere („ocean pollution“) i.S.d. Art. 1 Abs. 1 UAbs. 4 UNCLOS gefasst werden können (und damit der Anwendungsbereich der Artikel des zwölften Abschnitts des UNCLOS eröffnet ist) bejaht das Tribunal ausdrücklich. Es arbeitet heraus, dass dafür drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen: (1) es muss sich um einen Stoff oder Energie handeln, (2) dieser Stoff oder Energie muss infolge direkter oder indirekter menschlicher Einwirkung in die marine Umwelt gelangt sein und (3) er muss (zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit („likely“)) schädliche Auswirkungen haben. Die „streitgegenständlichen“ anthropogenen Treibhausgasemissionen erfüllen alle diese Voraussetzungen. Hinsichtlich der Frage (a), welche Pflichten sich in Bezug auf die Verhinderung der Meeresverschmutzung aus dem UNCLOS ergeben, ist das Tribunal der Meinung, dass Artikel 194 Abs. 1 UNCLOS die Unterzeichnerstaaten spezifisch dazu verpflichte, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die auf anthropogene Treibhausgasemissionen zurückzuführende Meeresverschmutzung zu verhindern, verringern und kontrollieren. [7] Es handele sich dabei um eine Sorgfaltspflicht, die von den Staaten verlangt, ein nationales System zur Regulierung umweltbelastender Tätigkeiten einzurichten und die Wirksamkeit dieses Systems zu überwachen. [8] Angesichts des hohen drohenden Risikos einer schwerwiegenden und irreversiblen Schädigung der Meeresumwelt durch anthropogene Treibhausgasemissionen sei dabei ein strenger Sorgfaltsmaßstab anzulegen, wobei jedoch das Prinzip der gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortlichkeiten entsprechend der United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) anzulegen ist. [9] Hinsichtlich der Frage (b), welche Pflichten bestehen, die Meere zu schützen und erhalten, stelle Artikel 192 UNCLOS eine allgemeine Verpflichtung zum Schutze und zur Erhaltung der Meere auf, was die Wiederherstellung von Meereslebensräumen und -ökosystemen einschließt. [10] Sichergestellt werden muss auch, dass nichtstaatliche Akteure, die der Hoheitsgewalt oder Kontrolle der Unterzeichnerstaaten unterstehen, diese Maßnahmen einhalten. [11] Bedeutung für die Zukunft Zwar ist diese advisory opinion anders als ein Urteil nicht rechtlich bindend. Dennoch leistet sie einen Beitrag zur Auslegung des Rechts. Ferner tragen diese Entscheidungen ein gewisses Gewicht an moralischer Autorität. Vor dem Hintergrund, dass vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) gerade ein vergleichbarer Antrag für den Erlass einer advisory opinion anhängig ist, ist besonders wichtig, dass vorliegende gezeigt hat, wie eine klare Argumentationslinie entwickelt werden kann. [12] [1] Umweltbundesamt, Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, Artikel vom 22.12.2014, abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/themen/nachhaltigkeit-strategien-internationales/arktis/rechtlicher-institutioneller-rahmen-der-arktis/das-seerechtsuebereinkommen-der-vereinten-nationen#seerechtsubereinkommen-sru , zuletzt aufgerufen am 19.07.2024. [2] Abkommen über die Anwendung von Teil XI des Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 10. Dezember 1982. [3] United Nations Convention on the Law of the Sea. [4] S. 26 ff. der advisory opinion, abrufbar unter https://www.itlos.org/fileadmin/itlos/documents/cases/31/Advisory_Opinion/C31_Adv_Op_21.05.2024_orig.pdf . [5] S. 30 Rn. 55 der advisory opinion. [6] S. 29 Rn. 55 der adsivory opinion. [7] S. 147, 148 Rn. 441 der advisory opinion. [8] S. 148 Rn. 441 der advisory opinion. [9] S. 79 Rn. 218 der advisory opinion. [10] S. 151 Rn. 441 der advisory opinion. [11] S. 89 Rn. 247 der advisory opinion. [12] Rocha, A Small But Important Step – A Bird’s-Eye View of the ITLOS Advisory Opinion on Climate Change and International Law, Artikel vom 27. May 2024, abrufbar unter https://verfassungsblog.de/a-small-but-important-step/ , zuletzt abgerufen am 19.07.2024.
Bild_Vortrag_Verantwortungseigentum
von Yvonne Lüftner 13. Juni 2024
Am 13.05.2024 fand die Veranstaltung zum Thema „Verantwortungseigentum - Rechtsinstitut der Zukunft?“ mit der Leiterin der Unternehmensfinanzierung der Stiftung Verantwortungseigentum Elisabeth Pichler statt. Die Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, Unternehmen im Verantwortungseigentum zu vernetzen und Forschung zum Thema zu betreiben. Sie wurde von mehreren Unternehmen gegründet und getragen. Zunächst zeigte die Referentin die Struktur eines solchen Unternehmens im Vergleich zu einer klassischen GmbH auf. Verantwortungseigentum basiert auf den Prinzipien der Langfristigkeit und Unabhängigkeit von Unternehmen. Diese Rechtsform sieht vor, dass Gewinne reinvestiert oder für gemeinnützige Zwecke verwendet werden, anstatt an die Anteilseigner ausgeschüttet zu werden. Außerdem werden Stimmrechte und Eigentum getrennt, um sicherzustellen, dass die Unternehmensziele nicht durch kurzfristige Gewinnmaximierung gefährdet werden. Auch einige Beispiele aus der Praxis wurden vorgestellt. Unternehmen wie Zeiss, Bosch oder die Suchmaschine Ecosia sind bereits im Verantwortungseigentum. Der Vortrag beleuchtete die Vorteile und Chancen dieser neuen Rechtsform, die eine langfristige Orientierung und nachhaltige Unternehmensführung fördern soll. Die Chancen und Vorteile einer solchen Rechtsform seien vielfältig, so die Referentin. Durch die Trennung von Stimmrechten und Eigentum wird die Gefahr von Übernahmen und kurzfristigem Gewinnstreben minimiert, was zu mehr Stabilität und Unabhängigkeit führt. Unternehmen können sich stärker auf nachhaltige Innovationen und langfristige Investitionen konzentrieren. Der Vortrag endete mit einer gemeinsamen Erarbeitung und Diskussion, inwieweit eine solche neue Rechtsform Einfluss auf die Nachhaltigkeitsziele von Unternehmen hat. Dabei wurde zwischen ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit unterschieden. Verantwortungseigentum bietet die Möglichkeit, Unternehmensgewinne beispielsweise für Investitionen in den Klimaschutz zu verwenden. Darüber hinaus kann es die soziale Nachhaltigkeit stärken, indem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv in die Entscheidungsprozesse im Unternehmen eingebunden werden. Insgesamt bietet die neue Rechtsform eine vielversprechende Möglichkeit, Unternehmen nachhaltiger und sozial verantwortlicher zu gestalten. Sie fördert eine langfristige Perspektive, stabile Unternehmensstrukturen und kann einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele leisten. Die Referentin betonte, dass diese Struktur sowohl ökonomisch sinnvoll als auch gesellschaftlich wünschenswert sei, um zukunftsfähige und resiliente Unternehmen zu schaffen. Die Trennung von Kapital, insbesondere von Gewinnen und Stimmrechten, im Hinblick auf ökologische Nachhaltigkeit kann durch Innovationen und Investitionen der Unternehmen gefördert werden, letztlich bleibt es aber den Entscheidungen der Unternehmen und nicht der Rechtsform überlassen, inwieweit sie nachhaltig agieren wollen. Wir bedanken uns herzlich bei Elisabeth Pichler für den spannenden und aufschlussreichen Vortrag!
von Hannes Radinger 23. Mai 2024
Der Jubel war groß nach der lang erwarteten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Verfahren Verein KlimaSeniorinnen Schweiz and Others v. Switzerland.
von Paula Schindler 10. März 2024
Im Wintersemester 2023/2024 haben wir bei RuN ein neues Format ausprobiert und uns an einem Grundlagenseminar beteiligt. It was a buzzing success! Das Grundlagenseminar war das öffentlich-rechtliche Seminar „To bee or not to bee! Der Schutz der Bienen im Recht“ von Frau Prof. Dr. Birgit Schmidt am Busch, LL.M. (Iowa). Im Vorfeld haben wir Frau Prof. Schmidt am Busch bei der Themensuche unterstützt und das Interesse am Seminar war so groß, dass trotz der 15 Plätze noch Studierende leer ausgegangen sind. Wir von RuN haben zu dem Seminar drei Praxistermine organisiert, um den Studierenden einen Einblick in die Praxis zu geben und das Erlernte dort live vor Ort zu sehen. Diese Termine waren nur für Seminarteilnehmende und die Vereinsmitglieder von RuN zugänglich. Der erste Termin war bei der Fachberatung für Imkerei des Bezirks Oberbayern, der zweite Termin beim Referat für Klima- und Umweltschutz der Stadt München und der dritte Termin bei der Europäischen Kommission. 1. Termin: Fachberatung für Imkerei des Bezirks Oberbayern  Beim Bezirk von Oberbayern wurden uns zunächst Aufgaben und Arbeitsweise des Bezirks Oberbayern genauer vorgestellt. Selbst wer fit im Kommunalrecht ist, konnte hier noch einiges dazulernen. Der Bezirk hat kulturelle und wirtschaftliche Aufgaben, zentrale Aufgabe ist aber Soziales, da der Bezirk der Sozialhilfeträger für pflegebedürftige Menschen und Menschen mit Behinderung ist. Im alle fünf Jahre gewählten Bezirkstag sitzen häufig Personen, die gleichzeitig Gemeinderatsmitglieder oder Bürgermeister:innen sind. Diese kommunale Verschränkung ist vor allem für die Entscheidung über die Finanzierung der Bezirksaufgaben von Vorteil. Der Bezirk zieht von den Landkreisen und kreisfreien Städte zur Finanzierung seiner Aufgaben die sog. Bezirksumlage Ein. Diese wiederum erheben von den kreisangehörigen Gemeinden die Kreisumlage. Sodann hat uns der Leiter der Fachberatung für Imkerei auf spannende und unterhaltsame Weise von seiner Arbeit erzählt. Ursprünglich waren Fachberater für die Ernährungslage und die Lebensmittelsicherheit wichtig, da die Imkerei Teil der Landwirtschaft ist. So zählt die Honigbiene neben Schwein und Rind zu den drei wichtigsten Nutztieren und hat insbesondere in Bayern eine hohe Priorität. Zu den wesentlichen Aufgaben der Fachberatung für Imkerei zählen heute Schulungen und Weiterbildungen, sowie Beratungen und auch Begutachtungen z.B. im Baurecht zu Imkereigebäuden im Außenbereich. Die Fachberatung für Imkerei hat an verschiedenen Stellen Berührungspunkte zu rechtlichen Regelungswerken, so z.B. zum Animal Health Law, den §§ 201, 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, § 13a EstG, der HonigV und LebensmittelhygieneVO, dem ZuVLFG oder auch dem BNatSchG. 2. Termin: Klima- und Umweltreferat der Stadt München sowie Untere Naturschutzbehörde Beim Referat für Klima- und Umweltschutz der Stadt München wurden uns sowohl die Arbeit des Geschäftsbereich III, Naturschutz und Biodiversität und im speziellen die des Sachgebiets der Unteren Naturschutzbehörde als auch die Arbeit der Stabsstelle Recht vorgestellt. Das Referat für Klima- und Umweltschutz gibt es in der jetzigen Form erst seit dem 1.1.2021. Davor gab es ein großes Referat für Gesundheit und Umwelt. An dieser Ausgliederung des Klima- und Umweltschutzes und der Neugründung eines eigenen Referats erkennt man auch, dass dieses Thema zunehmend politisch priorisiert wird. Die Stadt München hat in dieser Hinsicht auch Vorbildfunktion für andere Städte. Die Stabsstelle Recht des Referates für Klima- und Umweltschutz berät die einzelnen Geschäftsbereiche, gestaltet Satzungen, Verträge und Förderprogramme und vertritt die Landeshauptstadt München auch in Gerichtsverfahren. Die untere Naturschutzbehörde war früher dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung zugeordnet und gehört erst seit dem 1.2.2022 zum Referat für Klima- und Umweltschutz. Sie ist mit dem Vollzug des „klassischen“ Naturschutzrechts auf Bundes- und Landesebene befasst. Darüber hinaus wird im Bereich des Artenschutzes auch international geltendes Recht vollzogen. Zu den einzelnen Aufgaben gehören u.a. der Vollzug der Vorschriften zum allgemeinen und besonderen Artenschutz (wie z.B. die Beschränkung des Handels mit Elfenbein und geschützten Tierarten), der Vollzug naturschutzrechtlicher Verordnungen (z.B. Landschaftsschutzgebiets- Naturschutzgebietes- und Naturdenkmalverordnungen) oder die Ausweisung von Schutzgebieten im Rahmen naturschutzrechtlicher Inschutznahmeverfahren. Insbesondere wurde uns auch die Arbeit als Jurist:in bei der Stadt München als vielseitig und attraktiv ans Herz gelegt, da man in vielen verschiedenen Bereichen arbeiten kann und mit vielen Fachgebieten im Austausch steht. 3. Termin: Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission Im Rahmen eines Zoom-Termins hatten wir die Gelegenheit mit einem Biologen der Generaldirektion für Umwelt der Europäischen Kommission zu sprechen, der an vielen Initiativen im Bereich Biodiversität mitgearbeitet hat. Die EU-Kommission hat das alleinige Initiativrecht für Gesetzgebungsverfahren der EU. Diese Initiativen werden von Wissenschaftler:innen detailliert und fundiert ausgearbeitet. Die EU befasst sich mit dem Thema Biodiversität, mit besonderem Augenmerk auf Bestäuber, da im Schnitt um die 20 bis 30% an deren Artenvielfalt pro Jahrzehnt verschwindet. So sind z.B. in Deutschland innerhalb der letzten 27 Jahre 75% der Biomasse der fliegenden Insekten in geschützten Gebieten verschwunden. Gerade Insekten sind von großer Bedeutung für Ökosysteme, da sie Pflanzen bestäuben und Nahrung für andere Tiere wie z.B. Vögel sind. Da Honigbienen aufgrund der Imkerei nicht gefährdet sind, beschäftigt sich die EU im Wesentlichen mit wilden Bestäubern. Im Rahmen des European Green Deal gibt es zwei besondere Strategien für Bestäuber, die Biodiversity Strategy for 2030 und die Farm to Fork Strategy. Diese sind sog. Soft Law, haben also keinen rechtlich bindenden Charakter, sondern sind ein Plan für die Kommission selbst, um anhand daran einzelne Rechtsinitiativen auszuarbeiten. Im Rahmen der Biodiversity Strategy gibt es die Pollinator Initiative, die ebenfalls nicht rechtlich bindend ist, aber ebenso einen Aktionsplan mit einer Vielzahl gezielter Einzelaktionen für die Kommission enthält, um Bestäuber zu fördern und zu schützen. Begleitend zu diesem Aktionsplan erging zum Beispiel im Juni 2022 der Rechtsvorschlag für das Renaturierungsgesetz (Verordnung zur Wiederherstellung der Natur). Dieses ist nun in den letzten Zügen der Annahme durch Parlament und Rat und sieht eine rechtliche Verpflichtung für die Mitgliedstaaten vor, den Verlust der Bestäubervielfalt umzukehren. Aufgrund der Farm to Fork Strategy brachte die Kommission einen Verordnungsvorschlag zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, die sog. SUR ein, der leider vom Parlament im November 2023 abgelehnt worden ist. Dieser Vorschlag hätte einen Indikator eingeführt, um Risiko und Verwendung von Pestiziden zu messen, der dann reduziert werden muss. Dies hätte auch eine deutlich verbesserte Datenlage mit sich gebracht. Filmvorführung „Ein Himmel voller Bienen“ Außerdem gab es im Zuge des Grundlagenseminars noch die öffentliche Filmvorführung „Ein Himmel voller Bienen“ der Regisseurin Vanessa Weber von Schmoller aus dem Jahr 2022 an der LMU Diese wurde organsiert durch das Studienbüro und Frau Prof. Schmidt am Busch. Der Film reflektiert unter Anderem das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ und schafft es, trotz des ernsten Themas die Zuschauer:innen zu motivieren, sich für den Artenschutz einzusetzen. Ein herzliches Dankeschön! An dieser Stelle möchten wir uns noch einmal bedanken bei all den engagierten Menschen, die uns so bereitwillig über ihre Arbeit erzählt haben und die uns und den Seminarteilnehmenden Rede und Antwort gestanden sind!
von Philip Ermacora 21. Februar 2024
Was haben die Bauernproteste, Galeria Kaufhof und die Intel Chipfabrik in Magdeburg gemeinsam? Sie alle stehen in einem direkten Zusammenhang mit staatlichen Wirtschaftssubventionen. In den vergangenen Jahren ist das Subventionsvolumen von 37,9 Mrd. Euro (2021) auf 67,1 Mrd. Euro (2024) gestiegen und macht damit mittlerweile 15% des gesamten Staatshaushaltes aus. Was genau sind aber Subventionen und was macht sie politisch so attraktiv? Subventionen sind alle vermögenswerten Zuwendungen des Staates oder eines anderen Verwaltungsträgers an private (juristische oder natürliche) Personen ohne marktmäßige Gegenleistung zur Förderung eines im öffentlichen Interesse liegenden Zwecks (vgl. Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2020, § 17, S. 484 Rn. 5). Als Instrument der Leistungsverwaltung bedarf es als Rechtsgrundlage lediglich einer Ausweisung im Haushalt. Die vergleichsweise sehr geringen rechtlichen Anforderungen verbunden mit der enormen Steuerungskraft machen Subventionen zu einem beliebten politischen Steuerungsinstrument. Inzwischen haben 60% der Subventionen einen positiven Bezug zu den Nachhaltigkeitszielen. Das heißt aber im Umkehrschluss auch, dass 40% einen neutralen oder sogar negativen Bezug zu den Nachhaltigkeitszielen haben. Wie schaffen wir es, Subventionen ökologisch nachhaltiger zu gestalten? Bisweilen verfolgen Subventionen ein Primärziel (z.B. die Rettung eines Unternehmens) und ein Sekundärziel in Form der Änderung eines Unternehmerverhaltens (z.B. Erhaltung von Arbeitsplätzen). Ein Ansatz wäre es, Subventionen mit dem weiteren Ziel, ökologisch nachhaltiger zu handeln, zu verknüpfen. Auf den ersten Blick verstößt diese Koppelung gegen Grundprinzipien des Rechts. So ist ein Verbot der Kopplung mit sachfremden Erwägungen bei Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten (Art. 36 III BayVwVfG), öffentlich-rechtlichen Verträgen (Art. 56 I 2 BayVwVfG) sowie bei Ermessenserwägungen unstrittig anerkannt. Die Grundrechte des Unternehmers, der an den Konditionierungszeck gebunden ist, könnten verletzt sein. Ferner birgt die Kopplung die Gefahr des Missbrauchs. Ein Eingriff in die Grundrechte könnte indes dann gerechtfertigt werden, wenn etwa der Saldo zwischen den Kosten der Nachhaltigkeitsverpflichtung und der Subvention positiv wäre. Ferner kann der Missbrauchsgefahr vorgebeugt werden, indem die Verpflichtung an ein Verfassungsgut rückgekoppelt wird. Im Fall der ökologischen Nachhaltigkeit kann auf die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG zurückgegriffen werden. Am problematischsten gestaltet sich die Kopplung mit „sachfremden“ Erwägungen. Eine solide Rechtsgrundlage stellte ein Subventionsgesetz dar. Ein solches sieht sich indes dem Vorwurf ausgesetzt, den politischen Handlungsspielraum stark einzuschränken und ist politisch schwer umsetzbar. Alternativ könnte die Ausschreibung der Mittel im Haushaltsplan um ökologische Nachhaltigkeitsziele verknüpft werden. Wird der Zweck der Subvention im Haushaltsplan um Nachhaltigkeitsziele erweitert werden, sodass eine Nachhaltigkeitsverpflichtung nicht sachfremd wäre. Auch sind ökologisch nachhaltig geprägte Verwaltungsvorschriften denkbar. Das wirkungsvolle Instrument der Konditionierung von Wirtschaftssubventionen könnte einen erheblichen Beitrag zur ökologisch nachhaltigen Entwicklung leisten.  Wir danken Malin Nischwitz für diese sehr interessanten Einblicke in ihre Promotion.
von Michael Benning 23. November 2023
Am 24.10.2023 haben wir von RuN das erste Mal eine Veranstaltung im Rahmen des alljährlichen Klimaherbstes ( https://klimaherbst.de/ ) organisiert. Dem diesjährigen Oberth ema „Klimagerechtigkeit“ haben wir uns sowohl rechtswissenschaftlich als auch praxis- bzw. unternehmensorientiert gewidmet. Für die Veran staltung konnten wir mit Prof. Dr. Rüdiger Veil von der LMU München, Nawid Chamani von Finbridge GmbH & Co.KG und Benedikt Hoffmann von Baker Tilly Perspektiven aus der Wissenschaft, der Unternehmens- sowie der anwaltlichen Beratung gewinnen. Die drei Referenten gaben dem Publikum im Münchner Zukunftssalon jeweils im Rahmen eines ca. 20-minütigen Vortrags einen eigenen Blick auf die – insbesondere europarechtliche – Gesetzgebung zu den unternehmerischen Anforderungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Nachdem Prof. Veil die juristischen Grundlagen sowie die Besonderheiten der neusten EU-Regelungen darstellte und deren langfristige Erfolgschancen bei der aktuellen Rechts- und Kompetenzlage auslotete, zeigte Herr Chamani, welcher konkrete – und komplexe – Aufwand in den Unternehmen entsteht, um die Nachhaltigkeitsanforderungen aus Brüssel zu erfüllen. Herr Hoffmann legte den Fokus sodann auf die steuerrechtliche Perspektive, indem er insbesondere mögliche Auswirkungen verschiedener unternehmerischer Anreize, die wirtschaftspolitisch bestehen bzw. neu geschaffen werden, auf eine langfristig nachhaltige Unternehmensführung herausarbeitete. Der Höhepunkt des Abends war schließlich die gemeinsame Diskussion. Nicht nur wurde über sehr interessierte und qualifizierte Fragen und Impulse aus dem Publikum – durchaus auch kontrovers – debattiert, vielmehr konnten die drei Referenten auch untereinander neue Ansichten und Blickwinkel gewinnen, sich mithin wissenschaftlich sowie praxisnah austauschen. Nicht zuletzt die angenehme Atmosphäre im Münchner Zukunftssalon führte zu einer regen Beteiligung sowie einem sehr offenen und branchenübergreifenden (Streit-)Gespräch über das, was bereits passiert und insbesondere noch passieren sollte, um Klimakosten von Unternehmen in einer globalisierten Weltwirtschaft festzustellen, zu internalisieren und schließlich zu reduzieren. Wir bedanken uns sehr herzlich bei den Podiumsteilnehmenden, dem Verein Netzwerk Klimaherbst sowie dem Münchner Zukunft ssalon für die Ermöglichung dieser inspirierenden Veranstaltung.
von Patricia Nonnenmacher 15. August 2023
Workshop "Kann der Staat Klimaschutz?"
von Patricia Nonnenmacher 27. Juli 2023
Teamwochenende Juni 2023
von Patricia Nonnenmacher, Lena Kannenberg 23. Mai 2023
Beitrag von Patricia Nonnenmacher und Lena Kannenberg
von 183:920646281 28. April 2023
Am 25.04.2023 veranstalteten RuN und Rescriptum gemeinsam die Podiumsdiskussion „Rechtlicher Umgang mit Klimaaktivismus – Bilanz und Ausblick“. Im Zentrum standen die wissenschaftlichen Problematiken und die praktische Handhabung der Klimaproteste von Vereinigungen wie der „Letzten Generation“. 
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